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Die Geschichte der Führung

  • semler8
  • 6. Mai
  • 4 Min. Lesezeit


In unserer Arbeit mit Führungskräften begegnen wir den unterschiedlichsten Menschen. Da gibt es strengere Führungskräfte, die mit ernstem Blick klare Erwartungen formulieren, und weichere, fürsorgliche Führungskräfte, die emotional nah bei ihrem Team stehen. Und dazwischen alle Facetten, die man sich vorstellen kann. Doch eines haben sie in der Regel gemein: Sie sorgen sich um ihre Teams. Sie machen sich Gedanken um Motivation und Wohlbefinden, genießen die menschlichen Momente und scheuen keine Mühe, um für ihre Mitarbeitenden ansprechbar zu bleiben. Weil Führung mit großer Verantwortung einhergeht, wird an sie eine hohe Erwartung formuliert: Ziele umzusetzen und gleichzeitig die Selbstorganisation im Team zu ermöglichen.

Doch die Vorstellung davon, was Führung bedeutet, hat sich im Laufe der Geschichte erheblich gewandelt. Von traditionellen, autoritären Modellen hin zu modernen, partizipativen Ansätzen spiegelt die Entwicklung des Führungsbegriffs gesellschaftliche Veränderungen und wissenschaftliche Fortschritte wider.


In diesem Beitrag nehmen wir Sie mit auf eine kleine Zeitreise durch die Geschichte der Führung – von den autoritären Anfängen bis zu den menschenzentrierten und agilen Ansätzen von heute. Warum das wichtig ist? Weil wir Führung oft aus dem Bauch heraus leben – und es spannend und hilfreich sein kann, zu verstehen, woher unsere inneren Bilder eigentlich kommen. Vielleicht entdecken Sie dabei auch etwas Neues über Ihren eigenen Führungsstil.


Führung in traditionellen Gesellschaften


Wenn wir überlegen, wer die ersten Führungskräfte waren, denken wir an Herrscher, die sich durch besondere Fähigkeiten an die Spitze eines Stammes gestellt haben oder später über ihre Blutlinie zum Monarchen wurden. Seltener denken wir an Verwaltungsposten unter dem Monarchen, die mit Entscheidungsmacht verbunden waren. Nach Max Weber lassen sich drei Idealtypen von Herrschaft unterscheiden:


  1. Die traditionale Herrschaft basiert auf überlieferten Normen und dem Glauben an die Heiligkeit bestehender Ordnungen (z. B. Monarchien oder Stammesführungen).

  2. Die charismatische Herrschaft entsteht in Krisenzeiten durch die persönliche Ausstrahlung und visionäre Kraft einzelner Führungsfiguren.

  3. Die legale Herrschaft basiert auf rational festgelegten Regeln und zeigt sich in ersten Ansätzen etwa in städtischen Verwaltungsstrukturen.


Auch heute noch sprechen wir davon, dass jemand "Charisma" besitzt – wir folgen nicht der Rolle, sondern der Wirkung. In diesen frühen Bildern erscheint die Führungskraft als überlebensgroße Figur – man spricht vom "Great Man".


Auswirkungen der Industrialisierung im 19. Jahrhundert


Ab dem 19. Jahrhundert verändert die Industrialisierung das Verständnis von Führung grundlegend. Gefragt sind Effizienz, Standardisierung und Berechenbarkeit. In der Soziologie spricht man daher von bürokratischer Herrschaft – eine Weiterentwicklung der legalen Herrschaft. Ihre Merkmale: feste Hierarchien, klar definierte Zuständigkeiten, regelgebundene Entscheidungen und eine strikte Trennung von Person und Rolle. Alle Entscheidungen werden dokumentiert, um Transparenz zu sichern. Doch wenn Bürokratie zu starr wird, entsteht der "Eisenkäfig der Bürokratie", der Menschen entfremdet und Organisationen lähmen kann.


Parallel entwickelt sich das Konzept des Scientific Management von Frederick Winslow Taylor. Durch Zeit- und Bewegungsstudien optimiert er Arbeitsabläufe und teilt komplexe Tätigkeiten in kleine Einheiten. Führung bedeutet hier: planen, organisieren, kontrollieren. Arbeiter führen aus, Manager denken. Der Fokus liegt auf Effizienz – Motivation wird monetär gefördert. Doch: Der Mensch wird zur funktionalen Einheit, soziale Bedürfnisse bleiben unberücksichtigt.

Beide Modelle eint das Ziel, Produktivität zu steigern – auf Kosten der menschlichen Dimension. Diese Kritik bereitet den Boden für neue Ansätze.


Entwicklungen im 20. Jahrhundert


Im 20. Jahrhundert rückt der Mensch ins Zentrum. Motivation, Kommunikation und Beziehung werden als zentrale Faktoren für erfolgreiche Führung erkannt. Ab den 1960er Jahren unterscheidet man zwischen Management (strukturell) und Leadership (visionär). Der Fokus liegt weiter auf der Führungskraft als Einzelperson.


In den 1980er Jahren bringt Niklas Luhmann mit seiner Systemtheorie einen neuen Blick: Organisationen sind keine Menschenansammlungen, sondern selbstreferenzielle Systeme. Führung strukturiert Kommunikation, reduziert Unsicherheit und ermöglicht Entscheidungsfähigkeit. Der Fokus verschiebt sich von Personen zu Prozessen – ein Paradigmenwechsel, der systemische Ansätze bis heute prägt.


Entwicklungen im 21. Jahrhundert


Agile Führung – ursprünglich aus der Softwareentwicklung – hält in viele Branchen Einzug. Sie steht für Selbstorganisation, iterative Prozesse und Kundenzentrierung. Führung bedeutet hier: Rahmen schaffen, Feedback ermöglichen, Verantwortung teilen. In komplexen Umfeldern ersetzt Agilität die starre Hierarchie.


Ein visionärer Entwurf stammt von Frederic Laloux („Reinventing Organizations“, 2014): Teal Organizations setzen auf Selbstführung, Ganzheitlichkeit und Sinnorientierung. Hier gibt es keine klassischen Hierarchien mehr – Menschen bringen sich als ganze Person ein. Das inspiriert besonders Unternehmen, die werteorientiert arbeiten möchten.


Und was bedeutet das für Sie?


Der historische Blick zeigt: Führung war nie statisch. Sie war immer eine Reaktion auf die Zeit. Heute – inmitten von Globalisierung, Digitalisierung, Klimakrise und Wertewandel – braucht Führung erneut ein Update.


Was früher durch Kontrolle lösbar war, verlangt heute Flexibilität, Vertrauen und Orientierung. Führungskräfte müssen sich nicht nur inhaltlich, sondern auch menschlich neu ausrichten. Systemisches Denken, emotionale Intelligenz und die Fähigkeit, mit Unsicherheit produktiv umzugehen, sind zentrale Kompetenzen geworden.


Vielleicht haben Sie sich beim Lesen an eigene Situationen erinnert – an Veränderungsprozesse, an Spannungen zwischen Stabilität und Wandel oder an die Frage, wie viel Führung in einem selbstorganisierten Team überhaupt noch notwendig ist?


Wenn Sie sich mit solchen Fragen beschäftigen, stehen wir von b.core Ihnen gern als Sparringspartner zur Seite. Wir begleiten Sie bei der Reflexion Ihres Führungsstils, unterstützen Change-Prozesse oder helfen Ihnen dabei, eine zukunftsfähige Führungskultur zu entwickeln.

Denn gute Führung entsteht nicht aus einem Rezeptbuch – sondern aus Haltung, Klarheit und dem Mut, sich gemeinsam mit anderen auf Neues einzulassen.

 

Weiterlesen:


• Weber, M. (1922). Wirtschaft und Gesellschaft.

• Taylor, F. W. (1911). The Principles of Scientific Management.

• McGregor, D. (1960). The Human Side of Enterprise.

• Luhmann, N. (1984). Soziale Systeme.

• Laloux, F. (2014). Reinventing Organizations.

 
 
 

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